Flo­ri­an Grel­ler – Just Gay – zum Selbst­bestimmungs­gesetz

Denn sie wis­sen nicht, was sie tun – oder doch?

von | 24.04.24

Foto von Samantha Sophia auf Unsplash

Das Selbst­bestimmungs­gesetz wur­de ver­ab­schie­det und die Wut steigt

In den Nach­rich­ten der letz­ten Tage wur­de es immer wie­der froh­lo­ckend ver­kün­digt: das Selbst­bestimmungs­gesetz kommt. Ein Tag der Freu­de für die einen, ein Tag der Kata­stro­phe für die ande­ren. Letz­te­res hat ein­mal mehr in den letz­ten Tagen so gut wie kei­ne Stim­me bekom­men, zumin­dest nicht in den gro­ßen öffent­lich-recht­li­chen Medi­en. Bereits im Vor­feld wur­den die Frau­en, die für ihre Rech­te demons­trie­ren, in den sozia­len Netz­wer­ken als Faschis­ten beschimpft und als TERF ver­un­glimpft. Frau­en­hass war, ist und bleibt bestehen, nur der Vor­wand ändert sich stän­dig. Die Zuschrei­bung TERF ist nun der aktu­el­le Vor­wand, um kri­ti­sche Frau­en zu dis­kre­di­tie­ren und sie „bes­ten­falls“ mund­tot zu machen. Das sog. Selbst­bestimmungs­gesetz – es ent­puppt sich bei genaue­rem Hin­se­hen als Fremd­be­stim­mungs­ge­setz für den Groß­teil unse­rer Bevöl­ke­rung. 

„Denn sie wis­sen nicht, was sie tun“ ist der Titel eines Film­klas­si­kers mit James Dean in der Haupt­rol­le aus dem Jahr 1955 und die­ser Satz kommt mir in die­sen Tagen in dem Sinn, anläss­lich der Ver­ab­schie­dung des Selbst­be­stim­mungs­ge­set­zes. Nun ist der Tag gekom­men und nichts ist mehr so, wie es war. Freu­de auf der einen Sei­te und viel Leid auf der ande­ren. Ein Gesetz, durch­drun­gen von Ideo­lo­gie und maß­lo­sen For­de­run­gen, die eine Gesell­schaft nicht mit­tra­gen wird. In der Debat­te vor der Abstim­mung sag­te die Uni­ons­po­li­ti­ke­rin Marei­ke Lot­te Wulf: „Wir hal­ten die­se Art von Poli­tik für falsch, mehr noch, wir hal­ten sie für gesell­schaft­li­chen Spreng­stoff.“ Genau das ist es. Spreng­stoff. Sahra Wagen­knecht vom BSW ergänz­te kurz dar­auf: „Ideo­lo­gie tri­um­phiert über Rea­li­tät. Das Geschlecht wird von einer bio­lo­gi­schen Tat­sa­che zu einer Fra­ge der Gemüts­ver­fas­sung.“ Ein Gesetz, das alles für alle ändert und für Frau­en und Jugend­li­che mas­si­ve Kon­se­quen­zen hat – und gleich in meh­re­ren Punk­ten im Wider­spruch zum Grund­ge­setz steht unse­rer Auf­fas­sung nach. 

Ein bit­te­rer Tag für Frau­en

Jeder Mann kann sich nun vor­aus­set­zungs­los zur Frau erklä­ren las­sen und hat somit Zugriff auf alles. Die Ampel­ko­ali­ti­on besänf­tigt ihre Kri­ti­ke­rin­nen und Kri­ti­ker damit, dass das Haus­recht erhal­ten bleibt. Selbst inner­halb der Koali­ti­on gibt es aber unter­schied­li­che Bewer­tun­gen dar­über. Den grund­sätz­li­chen Aus­schluss von Trans­frau­en aus einer Frau­en­sauna zum Bei­spiel wür­de aller Vor­aus­sicht nach eine straf­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung dar­stel­len. Es wer­den Gerich­te klä­ren müs­sen, wie das Gesetz anzu­wen­den ist, sofern es nicht kom­plett gekippt wird. Stand jetzt ist, dass Frau­en alle ihre erkämpf­ten Schutz­räu­me ver­lie­ren, Quo­ten­re­ge­lun­gen obso­let wer­den und Sta­tis­ti­ken ver­fälsch­te Ergeb­nis­se auf­zei­gen kön­nen. Kran­ken­zim­mer für Frau­en sind Geschich­te, weil jeder Mann sich durch die magi­schen Wor­te nun auch hier Zutritt ver­schafft und wenn jemand etwas sagt, dann kön­nen Buß­gel­der bis zu 10.000 Euro dro­hen. In Spa­ni­en erklär­ten sich unlängst Män­ner zu Frau­en dank des dor­ti­gen Selbst­be­stim­mungs­ge­set­zes – war­um? Sie ver­lang­ten Ein­lass in Frau­en­häu­ser, um zu ihren Ehe­frau­en vor­zu­drin­gen, die sich dort vor ihren gewalt­tä­ti­gen Ehe­män­nern ver­steckt hiel­ten. Aber das, wie wir immer wie­der hören, ist nur die Fan­ta­sie von „bösen TERFs“ und kann in der neu­en gefühl­ten Rea­li­tät nicht gesche­hen – solan­ge eben, bis es dann doch geschieht. Dann greift die zwei­te Argu­men­ta­ti­on: Ein­zel­fäl­le. Alle­samt. Immer wie­der. Auf der gan­zen Welt. 

In der gan­zen Debat­te zeigt sich deut­lich, was Frau­en wider­fährt, wenn sie Nein sagen. Hass, Aus­gren­zung, Ver­ach­tung und Dif­fa­mie­run­gen sind die Fol­ge. Lei­der ist zu befürch­ten, dass durch die jetzt erfolg­te Ver­ab­schie­dung eine wei­te­re Stu­fe erklom­men wird in Form von Kla­gen gegen miss­lie­bi­ge Frau­en und Femi­nis­tin­nen mit dem Ziel, die­se end­gül­tig zum Schwei­gen zu brin­gen. Frau­en, die Nein sagen und auf­be­geh­ren, sind offen­bar immer noch ein Feind­bild und nach wie vor wer­den ihnen demo­kra­ti­sche Rech­te abge­spro­chen. 

Wei­te­re, hoch­um­strit­te­ne Vor­ha­ben sind bereits in der Pla­nung. So soll die Eizell­spen­de ermög­licht und die Leih­mut­ter­schaft in Tei­len lega­li­siert wer­den. Die Aus­beu­tung von Frau­en wird staat­lich legi­ti­miert. Das Gesamt­ergeb­nis ist, das bit­te­re Zei­ten für Frau­en anbre­chen und man nur hof­fen kann, dass die nächs­te Regie­rung wie­der zum Woh­le der Frau­en han­deln wird. Das, was Frau­en der­zeit wider­fährt, lässt sich in einem Wort zusam­men­fas­sen: Ent­rech­tung. Es sorgt daher schon für einen beson­ders bit­te­ren Bei­geschmack, wenn der Que­er-Beauf­trag­te der Bun­des­re­gie­rung das Selbst­bestimmungs­gesetz als „femi­nis­ti­sches Gesetz“ bezeich­net. 

S2K-Leit­li­nie und die Ent­wick­lun­gen in Eng­land

Befür­wor­ter beto­nen immer wie­der, dass das Selbst­bestimmungs­gesetz medi­zi­ni­sche Maß­nah­men nicht vor­sieht. Grund­sätz­lich ist das rich­tig, viel­leicht geschah dies aber auch nur als ein tak­ti­sches Manö­ver, denn so bedurf­te das neue Gesetz nicht der Zustim­mungs­pflicht des Bun­des­ra­tes. Wenn dem so ist, dann ist das stra­te­gi­sche Manö­ver das Recht der Koali­ti­on. Die­se Fra­ge wird ohne­hin über die nun kom­men­den S2K-Leit­li­ni­en gere­gelt. Das Selbst­bestimmungs­gesetz ist indi­rekt aber den­noch dafür ver­ant­wort­lich. Es ist der ers­te Schritt von Min­der­jäh­ri­gen zum Wunsch über medi­zi­ni­sche Maß­nah­men und fun­dier­te Stu­di­en wie zuletzt der „Cass-Report“ aus Eng­land zei­gen detail­liert auf, dass eine Per­so­nen­stands­än­de­rung bei Kin­dern wei­te­re medi­zi­ni­sche Schrit­te för­dert und begüns­tigt, mehr noch, es eine direk­te Kon­se­quenz vor­sieht – sich die­ser viel­leicht doch im Lau­fe der Zeit zu ver­wei­gern, ist dann gera­de für Jugend­li­che beson­ders schwer. Wäh­rend noch vor ein paar Wochen die Pres­se wohl­wol­lend über die S2K-Leit­li­nie berich­tet hat, so wan­delt sich auch hier inzwi­schen die Bericht­erstat­tung. So titel­te die Süd­deut­sche online am 11.04.2024: „Daten­la­ge zur Behand­lung von trans Kin­dern und Jugend­li­chen unzu­rei­chend“. In Groß­bri­tan­ni­en bricht gera­de die Behand­lung von Kin­dern und Jugend­li­chen zum Bei­spiel mit Puber­täts­blo­ckern kom­plett zusam­men. Vie­le spre­chen von einem medi­zi­ni­schen Skan­dal und die Auf­ar­bei­tung beginnt. Laut­star­ke Befür­wor­ter die­ser Behand­lung wer­den jetzt mora­lisch ver­ur­teilt und es gibt bereits tau­sen­de Kla­gen. Nur Tage zuvor wur­de bekannt, dass die Nie­der­lan­de ihr ange­dach­tes Selbst­bestimmungs­gesetz kom­plett begra­ben wer­den, denn man erken­ne nun „ech­te Risi­ken für die Sicher­heit von Frau­en“, zudem soll­te eine Geschlechts­um­wand­lung „nicht zu ein­fach sein“. Deutsch­land macht der­weil offen­sicht­lich unbe­irrt wei­ter. 

Was küm­mert es schwu­le Män­ner?

Bereits jetzt haben die Dis­kus­sio­nen zum Selbst­bestimmungs­gesetz Spu­ren hin­ter­las­sen in Form einer toxi­schen Stim­mung. Ich als Autor die­ses Gast­kom­men­ta­res und Lei­ter von Just Gay habe bereits eini­ge Hass­at­ta­cken hin­ter mir, ich hal­te das aber bis­her aus. Das gilt aber nicht für alle. Es wird von Tei­len der quee­ren Com­mu­ni­ty bedin­gungs­lo­ser Gehor­sam gefor­dert. Wer dem nicht folgt, ist drau­ßen und wür­de in vie­len Fäl­len auch kei­ne För­der­gel­der mehr vom Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­ri­um bekom­men, an des­sen Tropf so vie­le que­e­re Ver­bän­de inzwi­schen hän­gen. 

Grund­sätz­lich wird an dem Gesetz ver­ur­teilt, dass das bio­lo­gi­sche Geschlecht kei­ne Rol­le mehr spie­len soll (Wider­spruch zu Art. 3 GG). Wir sind auf ein­mal Gen­der, eine Iden­ti­tät, ein sozia­les Kon­strukt oder was auch immer. Wie kann das sein, dass der Staat im Jahr 2024 anfängt, schwu­le Män­ner umzu­de­fi­nie­ren und ein Gesetz ver­ab­schie­det, das das bio­lo­gi­sche Geschlecht als irrele­vant ansieht? Was ist denn dann noch die Homo­se­xua­li­tät? Wei­ter­hin sind schwu­le Män­ner jetzt alle „que­er“. Doch was ist que­er eigent­lich? Dar­über gibt es nicht mal eine ein­heit­li­che Defi­ni­ti­on. Das, was wir erle­ben, ist über­grif­fig und ein Ein­griff in unse­re Rech­te. 

Bereits jetzt ist zu hören, dass wei­te­re För­der­gel­der dar­an gekop­pelt wer­den, ob schwu­le Orga­ni­sa­tio­nen sich künf­tig als que­er bezeich­nen oder nicht (Wider­spruch zu Art. 3 GG und Art. 5 GG) – exklu­siv nur für schwu­le Män­ner oder les­bi­sche Frau­en dür­fen sie dann nicht mehr sein. Vie­le fra­gen sich, was das soll? Es ist unser Recht, unter uns zu sein. Doch was hat das jetzt mit dem Selbst­bestimmungs­gesetz zu tun? Es besteht die Gefahr, dass zum Bei­spiel eine Inter­es­sen­ver­tre­tung wie Just Gay künf­tig jede Per­son auf­neh­men muss, die sich als schwu­ler Mann iden­ti­fi­ziert. Ja, es soll ein Haus­recht geben, aber zählt das dann auch hier wirk­lich? Oder doch eher das Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­ge­setz? Das eine ist die mög­li­che Ver­wei­ge­rung von För­der­gel­dern. Sich des Has­ses und der Dis­kri­mi­nie­rung schul­dig zu machen, etwas ande­res. Ein wei­te­res The­ma, wel­ches uns beschäf­tigt, ist eine mög­li­che Kon­ver­si­on im neu­en Gewand. 

Kon­ver­si­on 2.0

Eine hete­ro­se­xu­el­le Toch­ter statt einem schwu­len Sohn? Das klingt dys­to­pisch, ist aber bit­te­re Rea­li­tät. Eltern kön­nen dann das Geschlecht ihrer Kin­der ändern und einer der Grün­de könn­te eine ver­meint­li­che Homo­se­xua­li­tät sein. Durch das Selbst­bestimmungs­gesetz kön­nen Beden­ken aus­ge­räumt wer­den. Ein Sohn statt einer Toch­ter? Das Selbst­bestimmungs­gesetz bie­tet unge­ahn­te Mög­lich­kei­ten. Außen­ste­hen­de fra­gen sich, ob das wahr sein kann. Befür­wor­ter ent­geg­nen, dass das Quatsch ist. Es steht aber so im Gesetz und daher muss die Gegen­fra­ge gestellt wer­den, was der Sinn dahin­ter ist. Für vie­le ist die­se Rege­lung nur „irre“ und hat mit der Lebens­rea­li­tät nichts zu tun. Für vie­le bestä­ti­gen sich die Vor­be­hal­te, dass die­ses Gesetz den Miss­brauch von Kin­dern för­dert und in Ver­bin­dung mit den S2K-Leit­li­ni­en schwer­wie­gen­de Kon­se­quen­zen haben kann. Ein Schutz von Psy­cho­lo­gen ist nicht zu erwar­ten. Selbst wenn sie davon über­zeugt sind, dass die Ursa­che ihres Pati­en­ten in der Homo­se­xua­li­tät liegt, weil bei­spiels­wei­se die­se nicht aus­ge­lebt wer­den kann, so wer­den sie nicht ein­grei­fen. War­um? Es liegt dann eine Kon­ver­si­on vor mit Kon­se­quen­zen für den The­ra­peu­ten. So wer­den vie­le Psy­cho­lo­gen und The­ra­peu­ten jede selbst­de­fi­nier­te Geschlechts­iden­ti­tät auch bei Kin­dern ein­fach durch­win­ken. Eltern, die nicht den Trans­wunsch des Kin­des zustim­men, wer­den vor das Fami­li­en­ge­richt gestellt. Mehr noch, wird das Jugend­amt ein­be­zo­gen, droht der Ver­lust des Sor­ge­rechts. Es ist ein mas­si­ver Ein­griff in die Eltern­rech­te (Art. 6 GG) und das kön­nen und das wer­den sie nicht hin­neh­men. Es ist nur eine Fra­ge der Zeit. Der Weg führt auch hier vors Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt. 

Ste­reo­ty­pen 2.0

Der Sohn spielt mit Pup­pen, die Toch­ter mit dem Bag­ger? Da kann was nicht stim­men. Ste­reo­ty­pen und sexis­ti­sche Rol­len­bil­der erle­ben der­zeit ein Come­back. Es ist ein Rück­fall in schlech­te­re Zei­ten. Ein Jun­ge trägt blau, ein Mäd­chen rosa und wenn das nicht der Fall ist, so steht ein mög­li­ches Trans­sein im Raum. Femi­ni­ne Män­ner und mas­ku­li­ne Frau­en darf es schein­bar nicht mehr geben, was für ein Rück­schritt. 

Mei­nungs­frei­heit?

Das Offen­ba­rungs­ver­bot sieht Stra­fen bis zu 10.000 Euro vor, sofern der alte Name oder/und das Geschlecht aus­ge­forscht und in schä­di­gen­der Absicht offen­bart wird. In bestä­ti­gen­der Absicht übri­gens darf das alte Geschlecht aber ver­ra­ten wer­den. Was für eine Logik! Inwie­weit hier in die Mei­nungs­frei­heit (Art. 5 GG) ein­ge­grif­fen wird, wer­den Gerich­te klä­ren müs­sen. Dies betrifft auch die Klä­rung, ab wann ein Buß­geld fäl­lig wird oder nicht. Sind die Bezeich­nun­gen Trans­frau, bio­lo­gi­scher Mann und tran­si­den­ter Mann bereits eine straf­ba­re Offen­ba­rung oder schlicht ein Fakt? Der Vor­wurf der erzwun­ge­nen Lüge wird laut. Bereits jetzt wur­de in den sozia­len Medi­en ange­kün­digt, dass Trans­per­so­nen dann eben grund­sätz­lich aus­ge­schlos­sen wer­den von jedem gesell­schaft­li­chen Mit­ein­an­der, ein­fach des­we­gen, weil man sich sonst der Gefahr aus­setzt, zu einem Buß­geld ver­ur­teilt zu wer­den. 

Wie geht es wei­ter?

Die Aus­ein­an­der­set­zun­gen zu die­sem Gesetz wer­den zuneh­men, Kla­gen sind bereits ange­kün­digt und die Spal­tung der Regen­bo­gen­ge­mein­schaft nimmt zu. Schwu­le Män­ner und les­bi­sche Frau­en bekla­gen hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand die Zustän­de und leh­nen que­e­re Poli­tik immer mehr ab. Sagen kön­nen und wol­len die meis­ten von ihnen frei­lich nichts, denn jede Kri­tik kann Kon­se­quen­zen mit sich brin­gen. Als „poli­tisch rechts“ ein­ge­ord­net zu wer­den ist dem Zeit­geist geschul­det. Doch was ist „rechts“? Sub­jek­tiv betrach­tet ist alles inzwi­schen rechts, was nicht que­er, grün und links ist. Die toxi­sche Stim­mung hält immer noch an und eine Bes­se­rung ist nicht in Sicht. Die Zustän­de sind als ein kom­plet­tes Ver­sa­gen der Koali­ti­on zu wer­ten, die es ver­säumt hat, alle mit­zu­neh­men, anstatt nur ihre Kli­en­tel. Was für ein Scha­den für die Demo­kra­tie! Ange­kün­dig­te Maß­nah­men, um Miss­brauch vor­zu­beu­gen wie das AGG sind schein­bar Maku­la­tur. Hier­über gibt es unter­schied­li­che Aus­sa­gen über deren Wirk­sam­keit. 

Die Koali­ti­on betont, dass es Miss­brauch nicht geben wird und ver­weist auf das Aus­land. Das darf min­des­tens als „son­der­bar“ bewer­tet wer­den. Sehr wohl gibt es genü­gend Bei­spie­le dafür, wo es bereits zu Miss­brauch des Selbst­be­stim­mungs­ge­set­zen gekom­men ist. Dies hat zur Fol­ge, dass in den USA und Groß­bri­tan­ni­en der offe­ne Wider­stand sich Bann bricht. Man kann oder will es nicht sehen. Ein Grund könn­te sein, dass zu jedem Preis Ver­spre­chen ein­ge­löst wer­den müs­sen, um die eige­ne Kli­en­tel zu befrie­di­gen. Viel­leicht auch als Angst vor deren Reak­ti­on, wenn das Vor­ha­ben geschei­tert wäre. Das Pro­blem ist aller­dings, dass wir alle die Kon­se­quen­zen dar­aus tra­gen. Was für ein Scha­den für die Demo­kra­tie! 

Die ers­ten Ent­wick­lun­gen sind bereits zu sehen. Die Frau­en­rechts­be­we­gung (z.B. Frau­en­hel­din­nen e.V.)) erlebt ein Come­back, auch hier in Deutsch­land, les­bi­sche und hete­ro­se­xu­el­le Frau­en orga­ni­sie­ren sich und sind laut. Vie­le schwu­le Män­ner kom­men nun doch aus der Deckung her­vor und begeh­ren auf. Orga­ni­sa­tio­nen haben sich in den letz­ten Mona­ten und Jah­ren gegrün­det, um sich poli­tisch ein­zu­brin­gen. Es erwar­tet uns eine jah­re­lan­ge Aus­ein­an­der­set­zung, sowohl von Befür­wor­tern, denen das Gesetz noch immer nicht weit genug geht, als auch von Geg­nern, die es wie­der abschaf­fen wol­len. Sel­ten hat ein Gesetz so pola­ri­siert wie die­ses und sol­che Abwehr­re­ak­tio­nen erzeugt. Es ist nicht davon aus­zu­ge­hen, dass Ruhe ein­kehrt. Auch Poli­ti­ker erfah­ren jetzt Gegen­wind. Stolz wird das Ja zum Selbst­bestimmungs­gesetz auf X ver­öf­fent­licht. Die Reak­tio­nen las­sen nicht lan­ge auf sich war­ten. Der kom­men­de Wahl­kampf ist nah und in den sozia­len Netz­wer­ken ist bereits der Hash­tag „#FDPunter5Prozent“ zu lesen und die Aus­sa­ge, dass die Par­tei­en der Ampel­ko­ali­ti­on nicht mehr wähl­bar sind. Wäh­rend die Koali­ti­on noch ihren Erfolg fei­ert, bekom­men die ers­ten Abge­ord­ne­ten bereits die vol­le Wut der Kri­ti­ke­rin­nen und Kri­ti­ker zu spü­ren. Ob sich der Ent­schluss auf die Wahl­um­fra­gen für die Par­tei­en aus­wir­ken wird, wird die Zeit zei­gen, ein ers­ter Stim­mungs­test dürf­te die Euro­pa­wahl im Juni wer­den. Für nicht weni­ge ist ins­be­son­de­re die FDP eine Ent­täu­schung – eine Par­tei, die Frei­heit zu ihrem poli­ti­schen Mar­ken­kern erho­ben hat, unter­stützt ein Gesetz, dass die Frei­heit von Frau­en deter­mi­niert. Wahl­tag ist Zahl­tag – ob das wirk­lich ein­tritt, wer­den die Wah­len zei­gen. 

Die brei­te Gesell­schaft hat von dem Gesetz noch immer nichts erfah­ren und es wird die Zeit zei­gen, wie sie dar­auf reagiert. Kon­flik­te sind vor­pro­gram­miert. Eltern, die sich vor einem Fami­li­en­ge­richt wie­der­fin­den, wer­den die Welt nicht mehr ver­ste­hen und nicht begrei­fen, was ihnen vor­ge­wor­fen wird. Doch ist die Ampel­ko­ali­ti­on jetzt ein­zig und allein zu kri­ti­sie­ren? Nein. Es kann auch der Gesell­schaft und den Medi­en ein Vor­wurf gemacht wer­den über ihre Igno­ranz. Vie­le von uns sind seit Jah­ren in dem The­ma und klä­ren auf. Gehört haben uns nur weni­ge. Das Wort „Roll­back“ fällt in der Regen­bo­gen­ge­mein­de immer öfters. Die Angst, dass die Gesell­schaft genug von quee­rer Poli­tik hat und grund­sätz­lich alle dafür ver­ant­wort­lich gemacht wer­den. Seit 2023 zei­gen meh­re­re Stu­di­en auf, dass die Akzep­tanz sowohl von quee­ren Men­schen wie auch von Homo­se­xu­el­len erst­mals wie­der sinkt und das in meh­re­ren Län­dern, auch in Deutsch­land. 

Just Gay wird weder inklu­siv noch gehen wir in den Unter­grund. Wir sind eine Orga­ni­sa­ti­on von schwu­len Män­nern für schwu­le Män­ner. Wir ver­wei­gern uns der staat­li­chen Homo­pho­bie und sagen Nein. Soll­ten wir dafür ver­klagt wer­den, so wäre es rat­sam, direkt zum Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt zu gehen. Wir ver­trau­en dar­auf, dass unser Han­deln der Ver­fas­sung ent­spricht, weil wir unse­re demo­kra­ti­schen Grund­rech­te wahr­neh­men. Auch wer­den wir nicht in den Unter­grund gehen oder uns aus­gren­zen las­sen. Schwu­le Män­ner erleb­ten jahr­zehn­te­lang poli­ti­sche Ver­fol­gung und wir sind nicht bereit, eine Wie­der­ho­lung zuzu­las­sen oder auch nur still­schwei­gend hin­zu­neh­men. 

Die Ampel­ko­ali­ti­on betont, dass das Selbst­bestimmungs­gesetz ein Gewinn für alle ist, denn kei­nem wür­de etwas weg­ge­nom­men. Man kann nur hof­fen, dass das auch so ist und die genann­ten Kri­tik­punk­te und Vor­wür­fe sich als falsch her­aus­stel­len. Die Hoff­nung stirbt bekannt­lich zuletzt. Für die Prot­ago­nis­ten endet der Film doch höchst­wahr­schein­lich in einer Kata­stro­phe. Kei­ner der Befür­wor­ter kann im Nach­hin­ein behaup­ten, das er oder sie nichts wuss­te, denn es ist alles bekannt gewe­sen. Bis Lösun­gen der Ver­nunft vor­lie­gen, wer­den nicht weni­ge die per­sön­li­chen Kon­se­quen­zen tra­gen und am Ende will es trotz­dem nie­mand gewusst haben. Die­ses Gesetz ändert alles für alle und ja, es kann als his­to­risch ange­se­hen wer­den. Eine Zäsur für die Rech­te von Frau­en und Homo­se­xu­el­len, aber lei­der nicht im posi­ti­ven Sinn. Jah­re nach der Ehe für alle wird wie­der vie­len bewusst, dass uns Rech­te jeder­zeit wie­der genom­men wer­den kön­nen. Wir müs­sen also erneut dafür kämp­fen. 

Flo­ri­an Grel­ler
Initia­tor und Lei­ter von Just Gay – Die Inter­es­sen­ver­tre­tung von und für schwu­le Män­ner.

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